Sonntag, 22. November 2015

Mal wirklich rekapitulieren

Sonntag morgens um 7. Ich stehe auf.
Nicht, weil ich was vor hätte, sondern weil ich seit Wochen jede Nacht nur ein paar Stunden schlafe und keinen Bock verspüre, mich weiter rumzuwälzen.

Hole Kaffeewasser. Die Maschine röchelt, der Badezimmerspiegel verhöhnt mich, aber ich lasse ihn. Werde heute eh die einzige Person bleiben, die sich das Gesicht geben muss.

Draußen liegt Schnee. Der Kaffee bleibt schwarz.

Die Nachrichtenwebsites spekulieren. Irgendein Parteivorsitzender fordert irgendwas.
Fußball lief auch Scheiße. Browser aus, Musik an.




Was tun mit diesem kinderfreien Sonntag ? Könnte ja mal das Badez.. ach fuck it.

Soooo, to-do-without-moving-Liste rausgekramt.

Mist, nur noch ein Punkt drauf : Kontemplieren.

Erst mal googeln, was ich mir damit sagen wollte.
Ach ja, ich wollte mich mal näher mit dem Inhalt der letzten Mail der Ex vor ein paar Wochen auseinandersetzen.
Quergelesen.
Grobe Marschrichtung : Du solltest erst mal lernen Dich selbst zu lieben, bevor Du das anderen zumutest.

Lieben. Mich.

Also, ich habe ne ganze Menge vorehelichen Sex mit mir, aber das wird sie wohl nicht gemeint haben. Werde mehr Kaffee brauchen, das wird ein weites Feld.

Sie hat da irgendwo natürlich recht. Auch mir fällt auf, dass die Kids, Freunde und Kollegen erheblich besser mit mir umgehen als ich selber. Vom Hund ganz zu schweigen.
Scheiße, der würde für mich vor nen Bus springen.
Schon allein weil er ziemlich dämlich ist.

Dabei gibt es viel an mir zu lieben. Also... rein mengenmäßig.
Wie kann ein Mantel eingelaufen sein, den man gar nicht in der Reinigung hatte ?
Ein Rätsel, welches ich am besten erst nach einem reichhaltigen Frühstück löse.

Frage mich, wie sich das anfühlt, wenn mir Leute erzählen, sie seien "satt".

Wische mir also das Nutella von der Stirn, hole den Aschenbecher vom verschneiten Balkon und plane Nudeln zum vorgezogen Mittagessen. Zucker in den Kaffee.

Stimmt schon, ich finde mich gar nicht sooo Klasse. Finde aber, dass sich viele Gestalten in meinem ferneren Dunstkreis ne ganze Scheibe zu geil empfinden und irgendjemand muss das ja ausgleichen. Circle of life, Ying und Yang, Tim und Struppi.

Sollte vor ein paar Wochen für meine Therapeutin mal ne Liste machen, was ich an mir toll finde.

Hat gedauert.

Weiß jetzt nicht, ob man bei 3 Punkten schon von "Liste" sprechen kann.
Außerdem hat sie alle Punkte ("Haarstruktur", "Blasenstärke", "Organspender") nicht gelten lassen.

Ich bin nix, ich kann nix. Gebt mir ne Uniform.

Was natürlich schon irgendwo Quatsch ist, schließlich höre ich häufiger, ich sei reizend.
Wobei ich mir nie ganz sicher bin, wie das konnotiert sein mag.

Apropos "reizend" - noch mehr Kaffee und ich kriege Sodbrennen.

Stimmt !! Das kann ich ganz gut !
Kaum jemand brennt Sod so gut und umfassend wie ich !
Da macht mir so schnell keiner was vor. Die sollen mal kommen.
Nee lieber nicht, dann muss ich noch putzen und es sieht hier echt übel aus.

Vielleicht sollte ich innere Ausgeglichenheit durch äußere schaffen und hier eine Schneise durch die Ablage schlagen. Auch den Indoor-Kompost könnte ich mal runterbringen.

Gesagt... getan.

Danach werde ich mich lieben.

Und danach vielleicht etwas pennen.

4 Kommentare:

  1. Da muss ich als ansonsten sehr, sehr stille Mitleserin aber mal das Fingerchen heben: So sehr ich seine abgebrühte Weltverdrossenheit sonst schätze, wenn einem das Leben grad ans Bein pinkelt, ist Bukowski KEIN guter Ratgeber.
    Und nur drei Dinge auf der "Ich-hab'-mich-lieb-weil..."-Liste? Echt jetzt? Da fallen mir ja ohne nachzudenken drei weitere ein:
    3. überraschender Musikgeschmack (good thing!)
    4. Sinn für Sarkasmus und Selbstironie (u n b e z a h l b a r)
    5. Eloquenz
    Und ich kenne dich nicht mal - da solltest du, wo du dich schon dein ganzes Leben lang kennst, noch auf ein paar mehr Dinge kommen, ts.
    Gruß!

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    1. Huhu Uhu, (musste sein, sorry)

      gebe zu, dass Bukowksi n büschn much da drunter war, zumal ich ausgerechnet derzeit kaum weiter von ihm entfernt sein könnte.
      Habe mich nie wirklich mit mir beschäftigt, wohne aber schon länger mit mir zusammen und kann Dir versichern - das meiste kommt hier ganz anders rüber als im normalen Leben.

      Ich kriege häufig im Alltag keinen zusammenhängenden Satz zusammen, mein Musikinteresse endete irgendwann in grauer Vorzeit und ich finde es sehr befremdlich, wenn auch bei anderen Menschen die Selbstkritik aussetzt.
      Dass diese Selbstkritik hier in meinem Fall unsachlich daher kommt, liegt in meiner Natur. Was war hier jemals sachlich ? ;)

      Gruß zurück und ... Danke !

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  2. Hmmm... Warum nur, müssen die Menschen immer einen Sinn im Leben, am Ende gar einen Mittelpunkt im Selbigen suchern? Jeder ist, wie er ist. Und jeder andere Mensch hat eine eigene subjektive Sicht auf jeden anderen Menschen, erkennt dort eher das Gute als an sich selbst. Manchmal bin ich ein Arsch. Manchmal bin ich nett. Aber immer bin ich ich. Eben nur in einer Tagesformvariante. Aber sind wir das nicht Alle? Wozu also nur das Gute suchen, wo man doch erst ausgeglichen sein kann, wenn Beides in einem wohnt? DAS ist der Charakter. Nicht das, was wir gerne als "Sein" dem Gegenüber vorspielen wollen. Für jeden nur der Gute sein wollen? Laaaaangweilig. Sei Du, akzeptiere jede Phase, lebe jede Tagesform aus - und Du wirst sie lieben.

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    1. Hi :)

      Ist ja weniger ne Phase als ne Grundeinstellung, die Mail hatte da schon recht. Kann da schon mit Umgehen, es ist ja kein Selbsthass, sondern vielmehr das Gefühl, irgendwie nicht voranzukommen und ich bin bald 40. War mal witziger alles.

      Vielen Dank, Holger !!

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